Kaleidoscope Freedom

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Vor etlichen Jahren gründete ich in Berlin mit internationalen Freunden und Musikern das Projekt FOR FREE HANDS. Inzwischen hat sich die Besetzung mehrfach gewandelt und als Initiator dieses wirklich einzigartigen Jazzensembles bin ich sehr froh, die großartigen Kollegen Vladimir Karparov (BG), Diego Piñera (GR) und Roberto Badoglio (BG) an meiner Seite zu wissen.

FOR FREE HANDS wird als Teil der in Berlin lebenden internationalen Jazz Community wahrgenommen. Kaum eine andere Stadt, als dieser „Melting Pot“ Berlin, übt mit einer solchen faszinierenden und facettenreichen Szene eine so ungeheure Anziehung auf Künstler aus aller Welt aus. 1988 kam ich in Berlin an, erlebte hier den Mauerfall und konnte meinen Stil im Aufeinandertreffen mit Musikern fast aller Kontinente entwickeln.

Mit „Kaleidoscope Freedom“ verwirkliche ich einen langgehegten Traum. Eine Konzept-CD mit eigenen Kompositionen, welche Bezug zu für mich wichtigen Stationen meines Lebens haben und die Statement für die Freiheit und unser aller Verantwortung für die menschlichen Werte sind.

Eine viermonatige Inhaftierung bei der DDR Staatssicherheit im Alter von sechzehn Jahren veränderte mein Leben. Die folgenden Repressionen hätten mit weniger Glück meinen Lebensweg deutlich beeinträchtigt. Ein Ausweg aus dieser völlig perspektivlosen Lebenssituation war für mich, gute Musik in Bands verschiedener Stilistik zu spielen.

Dass es mir 1985 nach allen Einschnitten doch noch möglich war, in der DDR Gitarre zu studieren, ist für mich bis heute ein Wunder, welches ich der Solidarität vieler Menschen verdanke. Ihnen widme ich „Kaleidoscope Freedom“.

Mit diesen Erfahrungen hat Freiheit für mich eine besondere Bedeutung. Albert Camus schrieb einmal „Es gibt keine Freiheit ohne gegenseitiges Verständnis.“ Für mich beschreibt dieser Satz auf ideale Weise auch das Zusammenspiel im Bereich des Jazz. Wenn wir uns mehr und besser verstehen, dann ist alles möglich! Dann entstehen im Zusammenspiel von Musikern unglaublichen Momente von Intensität, welche beim späteren Hören immer noch Verwunderung über die Qualität der kollektiven Interaktion auslösen.

Ich verstehe mich heute als europäischer Jazzmusiker, der die musikalischen Einflüsse in sein Spiel und seine Kompositionen aufnimmt, welche in einem zusammenwachsenden Europa relevant sind. Ein Schwerpunkt ist dabei für mich die Einbeziehung der Musik des Balkans.

Grund dafür ist die einzigartige Rhythmik dieser Musik. Mir ist dabei überhaupt nicht daran gelegen Folklore zu kopieren, sondern Jazz zu spielen, der sich interessanter musikalischer Elemente bedient. In meinen Kompositionen versuche ich polyrhythmische Konzepte zu entwickeln, welche aus der Überlagerung verschiedener Metren resultieren. So verwirkliche ich auch eine äußerst facettenreiche Improvisationsvorlage für meine Kollegen und mich.

Mit der CD „Kaleidoscope Freedom“ möchte ich auch an die Tradition des Jazz anknüpfen, Form eines Protests zu sein. Kürzlich las ich in einem Interview mit Sonny Rollins aus dem Jahre 2004 den Satz, der meine Intension widerspiegelt: „Wir befinden uns in einer Situation, in der jeder bedroht ist, also müssen wir versuchen, alle zusammen eine Lösung zu finden, und zwar als Planetarier und nicht als Deutsche, Amerikaner, Schwarze oder Weiße, Araber oder Juden. Wir müssen als Planetarier zusammenfinden und erkennen, dass diese Probleme relevant sind für die Spezies Mensch.“

Ich habe nicht die Illusion, dass diese CD den Lauf der Welt verändert. Aber ich möchte im Rahmen meiner Möglichkeiten darauf hinweisen, dass unsere schnelllebige Welt ein waches, bewusstes Reagieren Aller erfordert.

Jeder Einzelne kann etwas bewegen und auch verändern. So engagiere ich mich in Berlin für den Erhalt der „East Side Gallery“ die sich weniger als 1 km von meiner Haustür entfernt befindet. Hier erlebte ich den Mauerfall hautnah! Die „East Side Gallery“ ist Beispiel für die unglaubliche Freude, die der Fall der Mauer hervorrief. Hier hat sich die Euphorie der Mauerüberwindung künstlerisch manifestiert. Und nun ist dieser geschichtsträchtige Ort massiv bedroht. Darum widme ich meine Komposition „East Side Story“ dem Erhalt der „East Side Gallery“, für die CD soll sie „East Side Gallery Story“ heißen.

Danksagung:

Ich möchte mich an der Stelle bei der Senatskanzlei für Kulturelle Angelegenheiten, Berlin bedanken, die eine sehr beachtenswerte Jazzförderung in Berlin organisiert.

Der 2012 von FFH gewonnene Studiopreis Jazz ermöglichte die herausragenden Aufnahmen durch das Tonstudio Sonic-Impulse in Studioräumen des ehemaligen ostdeutschen Rundfunks der DDR. Der Tonmeister Sebastian Ohmert ist ein Genius seines Faches und hat mir mit seiner Arbeit geholfen diese CD zu verwirklichen.